Seppy's Blog

Ich spiele in unserem Puppentheater den lustigen, stets zu Späßen aufgelegten Seppy. Ich singe auch immer das gleiche Lied, hab’ ständig die selben Sprüche parat, und die Kinder warten schon richtig darauf, dass ich meine Begrüßung jedes Mal vermurkse.

Aber irgendwie ist mir das irgendwann doch zu langweilig geworden, ich wollte unbedingt einmal eine andere Rolle spielen, ich wollte  supermutig, edel und stark sein. Da hab’ ich dann halt selber ein Stück erfunden und für mich gleich die Hauptrolle geschrieben. Alle Kostüme hab’ ich selbstverständlich auch selber gemacht, meines hab’ ich aus alten Eisenteilen und Blechdosen zusammengebastelt. Das Stück handelt nämlich von einem mutigen, edlen Ritter, der die liebliche Prinzessin aus den Klauen eines wütenden Drachen befreien muss. Und zum Schluss sollte er ihr einen herzhaften Kuss geben. Ich hatte mich schon sehr auf das Busserl gefreut, denn die Prinzessin gefällt mir recht gut. Aber ich konnte sie leider nicht küssen, weil das Visier geklemmt hat.  Da hat der Drache so lachen müssen, dass er laut herausgeprustet hat. Natürlich haben alle anderen mit gelacht. Nur ich nicht. Ich hab’ mich in meiner blechernen Ritterrüstung gefühlt wie eine Sardine in einer zu engen Dose, denn ich hab’ mich kaum bewegen können. Doch es kam noch schlimmer, ich konnte aus dem eisernen Blechhaufen nicht mehr alleine herauskommen. „Das kommt davon, wenn man jemand anderer sein möchte“ hat Omama gesagt „sei doch einfach du selbst, nur so bist du richtig und echt.“ Dann hat sie sich kichernd auf die Suche nach Schraubenzieher, Blechschere und Dosenöffner gemacht.

Euer Seppy

Text von Christa Koinig, erschienen im Kurier am 18.06.2023