Seppy's Blog

Geschichten von Christa Koinig - erscheinen jeden Sonntag im Kurier
14.11.2021

Hypnose

Jetzt regnet es oft, aber das macht mir nichts aus. Ich sitze gern am Fenster und schau’ den Regentropfen zu, wie sie die Scheiben herunter rinnen. Wenn sie dann auf’s Fensterbrett fallen, hör’ ich es gern, wenn’s „tock-tock-tock“ macht.

Ich hab’ irgendwann mal gehört, dass man bei so einem regelmäßigen Geräusch ganz leicht jemanden hypnotisieren könnte, und neugierig wie ich bin, möchte ich es gar zu gern einmal ausprobieren. Zufällig sitzt meine Katze neben mir und schaut auch aus dem Fenster. Wenn ich es bei ihr versuche, könnte eigentlich nicht viel passieren, denk’ ich mir.  Am besten bringe ich sie dazu, dass sie einschläft. Genau das mache ich! Also stupse ich sie an und sie schaut mir direkt ins Gesicht. Jetzt fällt mir auf, was für faszinierend leuchtende Katzenaugen sie hat. Ich schau’ ihr also ganz tief in ihre Augen und sag’ leise zu ihr „du wirst jetzt ganz schwer, du wirst müde, du wirst einschlafen, tief schlafen, schla...“. Die Katze schaut mich mit ihren großen grünen Augen an. Dann beginnt sie leise zu schnurren, was für ein angenehmes Geräusch! Sie gähnt herzhaft und ich muss auch gähnen.

Irgendwie weiß ich aber nicht mehr, was dann passiert ist. Durch ein lautes „Miau“ bin ich plötzlich aufgeschreckt und sehe gerade noch, wie die Katze dabei ist, meinen Frühstücksschinken zu verspeisen. Sie hat mir noch verschmitzt zugezwinkert und sich genüsslich ihr Mäulchen abgeschleckt. Und urplötzlich hab ich’s gecheckt. Nicht ich hab’ die Katze hypnotisiert, sondern sie mich! Sie hat mich dazu gebracht, ihr den Schinken aus dem Kühlschrank zu bringen. Morgen gibt’s also zum Frühstück Butterbrot, ohne Schinken – und ganz sicher keine Hypnoseversuche mehr!

Euer Seppy

Text von Christa Koinig, erschienen im Kurier am 14.11.2021