Seppy's Blog

Geschichten von Christa Koinig - erscheinen jeden Sonntag im Kurier
07.11.2021

Übermut tut selten gut

Wer mich in den letzten Tagen gesehen hat, wird sich wundern, denn mein Gesicht ist voll gepickt mit bunten Wundpflastern. Es schaut eh recht witzig aus, aber wie ich zu den Pflastern gekommen bin, das ist nicht so lustig.

Erst kürzlich hab’ ich mich noch gefreut über den bunten Herbst, über die großen und kleinen Kürbisse und die Maroni, die es schon allerorts gibt. Aber jetzt ist es überall trüb und nebelig. Ich mag den Nebel nicht so sehr, weil er alles in ein Grau hüllt. Auch meine Gedanken werden grau und sogar mein Hirn ist ein wenig vernebelt, ich könnte so richtig trübsinnig werden.

Omama sagt, das kommt davon, weil die Sonne nicht mehr so oft scheint und das Tageslicht auch immer weniger wird. Aber sie meint auch, dass ich den Trübsinn nicht aufkommen lassen soll, das ist nicht gut für die Seele. Aber wie kann ich das ändern? Auch dazu hat Omama einen Tipp. Ich soll jeden Tag in der Früh in den Spiegel schauen und zu meinem Spiegelbild sagen „Ich bin fröhlich, ich bin ein toller Kerl, ich bin einzigartig, ich bin der Seppy, der alles kann.“ Naja, das hab’ ich dann halt auch gemacht. Zuerst war ich ein wenig grantig, als ich meine zerrupfte Frisur und mein zerknittertes Gesicht im Spiegel gesehen hab’. Dann ist es aber immer besser geworden, weil ich den Rat von Omama jeden Tag befolgt hatte. Ich hab’ mein Spiegelbild angelächelt und zu mir immer und immer wieder gesagt, wie toll, fesch, großartig und einzigartig ich bin.

Aber dann bin ich wohl ein bisserl übermütig geworden und hab’s echt übertrieben. Ich hab’ nämlich was dazu erfunden „Ich bin kühn, ich bin phänomenal, ich bin Superman, ich kann fliegen.“  Das hätte ich echt nicht tun sollen.

Euer Seppy

Text von Christa Koinig, erschienen im Kurier am 07.11.2021