Seppy's Blog

Geschichten von Christa Koinig - erscheinen jeden Sonntag im Kurier
01.03.2020

Orfeo und Euridice

Jetzt kommen schon die ersten Zugvögel aus dem Süden zurück, und wenn sie zu singen beginnen, um ihre Liebsten zu finden, dann fällt mir immer wieder eine Geschichte ein, die uns Omama vor langer Zeit erzählt hat. 

Orfeo war ein wunderschöner bunter Vogel. Er konnte so schön singen, dass alle anderen Vögel verstummten, und alle Tiere, die Bäume, die Blumen und sogar die alten grauen Steine begannen vor Glück zu weinen.

Orfeo wurde von vielen bewundert, vor allem aber von dem wunderhübschen Vogelmädchen Euridice. Die beiden verliebten sich ineinander und sie waren wohl das glücklichste und schönste Paar. Bald sollte Vogelhochzeit gefeiert werden. Alle Vöglein besorgten Geschenke und probten schon die Hochzeitslieder. Das Vogelpaar baute ein Nest und alles schien wunderbar zu werden. Aber eines Tages war die Vogelbraut spurlos verschwunden. Orfeo war sehr traurig und suchte seine Euridice überall auf der Welt. Er flog ganz hoch hinauf, bis zur heißen Sonne, so dass er sich beinahe seine Flügel verbrannte. Er flog tief hinunter in dunkle Höhlen und tauchte durch finstere Gewässer, er suchte so lange bis er sie eines Tages in der Dunkelheit ganz leise zwitschern hörte. Aber er konnte sie nicht sehen. Und so versuchte er, sie mit seinem wundersamen Gesang anzulocken. Überglücklich hörte er wie sie immer näher kam und freute sich auf den Moment, wo er sie wieder sehen konnte. Doch als er sich umdrehte, war sie im Nichts verschwunden. Darüber war Orfeo so betrübt, dass er nie mehr singen konnte.

Omama sagt, sie kann sich nicht mehr daran erinnern, ob die Geschichte vielleicht doch noch gut ausgeht. Aber jetzt hab ich eine grandiose Idee. Ich werde Omama ins Theater einladen, in ein Theater nur für Kinder, ins Theater des Kindes in Linz. Dort kann man nämlich die Geschichte in echt sehen. Die wunderbare Geschichte heißt „Orpheus“.

Euer Seppy

Text von Christa Koinig, erschienen im Kurier am 1.03.2020