Seppy's Blog

Geschichten von Christa Koinig - erscheinen jeden Sonntag im Kurier
22.05.2022

Gänsehaut

Ich schau’ mir im Fernsehen manchmal „Star Mania“ an, und wenn mal wer echt singen kann, dann sagen die Leute in der Jury „Gänsehaut ...“.
Mich tät’ interessieren, was das bedeutet. Also hab’ ich eine Freundin angerufen, die es wissen muss. Es ist eine Puppentheater-Kollegin, die ganz oft im Fernsehen war. Sie heißt Mimi, und das Allerwichtigste: sie ist eine Gans.

„Also, was hat es mit der Gänsehaut auf sich?“, hab’ ich Mimi gefragt. Aber statt einer Antwort hat sie gleich begonnen, schrecklich damit anzugeben, dass sie schon in vielen Fernsehsendungen mit gespielt hat, dass Gänse sehr kluge Tiere sind und auch in vielen Geschichten vorkommen. Zum Beispiel beim Märchen vom Zwerg Nase, da spielt eine Gans neben dem Zwerg die wichtigste Rolle. Außerdem haben Gänse vor vielen vielen Jahren die Stadt Rom gerettet, weil sie ganz laut geschnattert haben, als sich die Feinde anschleichen wollten.

Dann hat Mimi munter weiter erzählt, dass Gänse sehr gesellige, freundliche Tiere sind und überdies ganz liebevolle Eltern. Außerdem bleiben sich Gänsepaare ein Leben lang treu.

Als sie das gesagt hat, hat’s richtig angenehm auf meinen Armen gekribbelt. Mimi hat mich angeschaut und gemeint, „siehst du, das ist Gänsehaut!“.

Gerade als ich mich über dieses Gefühl freuen wollte, hat Mimi gesagt,  „Leider geht es vielen Gänsen nicht gut. Manchen werden ihre flauschigen Federn ausgerupft, und das tut ganz schön weh. Andere müssen den ganzen Tag lang fressen, ob sie wollen oder nicht, und bei dem Wort Gänseleber schaudert’s mich sowieso.“

Jetzt bekomm’ ich echt wieder die Gänsehaut, aber sicher nicht, weil ich mich gut fühle.

Euer Seppy

Text von Christa Koinig, erschienen im Kurier am 22.05.2022