Ich kenn’ mich jetzt nicht mehr aus. Gerade noch hat es geschneit und jetzt kommen ungewöhnlich warme Tage auf uns zu, dann wird’s wieder kalt. Ich glaub’, auch der Osterhase weiß nicht, ob er die bunten Ostereier im weißen Schnee oder im grünen Gras verstecken soll.
„Es ist zu kalt für die Jahreszeit“, heißt es, und dann wieder „es ist zu warm für die Jahreszeit“. Daher hab’ ich mir vorgenommen, einmal ein ernstes Wörtchen mit ihr zu reden, mit der Jahreszeit.
Sie war nicht recht erfreut, als ich sie darauf angesprochen habe und sie hat gleich zu ätzen begonnen. „Zu kalt für die Jahreszeit, wenn ich das schon höre. Was kann ich denn dafür, wenn diese Rotznase tut was sie will.“ Rotznase? „April, April, macht was er will“, kennst du diesen Spruch nicht?“, hat sie gefragt. Natürlich kenn’ ich den, hab’ mir aber nicht gedacht, dass sich die Jahreszeit darüber ärgern könnte. Dann aber ist es so richtig aus ihr herausgeplatzt. Sie hat sich lautstark über die Leute aufgeregt, die ganz unbekümmert alle möglichen Abgase in die Luft blasen, egal, was damit passiert. Riesige Wälder werden umgeschnitten oder abgebrannt. Sie denken keine Sekunde darüber nach, ob die Luft dadurch vielleicht verschmutzt wird, dass die Erde deswegen erwärmt werden und alles auf der Welt durcheinandergeraten könnte. Eisbären wissen nicht mehr, wo sie leben sollen, weil das Eis wegschmilzt. Auf der anderen Seite der Welt gibt’s extreme Trockenheit, dann wieder arge Überschwemmungen oder böse Stürme.
Ich bin nur eine Puppe, aber ich denk’ mir „Es ist zu kalt für die Jahreszeit“ ist wohl das geringere Übel.
Euer Seppy
Text von Christa Koinig, erschienen im Kurier am 10.04.2022