Seppy's Blog

Geschichten von Christa Koinig - erscheinen jeden Sonntag im Kurier
18.07.2021

Der Oktopus Octavia

Jetzt sind endlich die Sommerferien da, und weil wir jetzt wieder dürfen, sind wir etwas weiter weg gefahren, nämlich ans Meer.
Der erste Badetag war schon recht spannend, denn als ich gerade gemütlich im seichten Wasser dahingedümpelt bin, hab’ ich plötzlich was Eigenartiges entdeckt und bin fast ein bissl erschrocken.

Es hat ganz komisch ausgesehen, wie eine Maske von einem Ungeheuer, es war ganz rot gefärbt und ziemlich schwabbrig. Ich wollte schnell wieder weg schwimmen, aber das Ding hat mir nachgerufen. „Halt, bleib da! Du musst mir helfen!“ Ich soll dem merkwürdigen Dingsda helfen? Was ist das eigentlich für ein Wesen?

„Noch nie was von einem Oktopus gehört?“ hat es mich angefaucht.

„Doch, wir haben über euch gelernt. Dass ihr Einzelgänger seid und sehr intelligent, dass ihr acht Fangarme mit vielen Saugnäpfen habt und dass ihr eure Farben verändern könnt. Warum bist du eigentlich rot?“ „Weil ich mich ärgern muss“, hat der Oktopus geantwortet, „ich bin übrigens ein Weibchen, ich heiße Octavia.“ „Ich bin der Seppy. Aber wir müssen uns jetzt nicht küssen, oder?“ Keine Antwort. Warum sie sich ärgern muss, wollte ich wissen. „Ich war neugierig, bin zu nahe ans Ufer geschwommen, hab’ mich zwischen den Steinen eingezwickt und kann nicht mehr weiter.“

Da hab’ ich die glitschigen Fangarme genommen und Octavia aus ihrer misslichen Lage befreit. Vor Freude hat sie ihre Farbe in ein zartes Hellblau geändert, ich konnte sie im seichten Wasser fast nicht mehr sehen, doch ihre Saugnäpfe haben mich berührt, als wollte sie Danke sagen, und irgendwie hat sich das gar nicht so übel angefühlt. „Wir Oktopusse haben weit über tausend Saugnäpfe, mit denen können wir fühlen und schmecken“,  hat sie mir zugerufen, dann ist sie im Meer verschwunden.

Manchmal wär’ ich auch gern ein Oktopus, besonders dann, wenn ich an Omamas Kaiserschmarrn denk’, weil dann könnte ich’s über tausendmal genießen, wie gut der schmeckt.

Euer Seppy

Text von Christa Koinig, erschienen im Kurier am 18.07.2021