Seppy's Blog

Geschichten von Christa Koinig - erscheinen jeden Sonntag im Kurier
13.12.2020

Das Tschinellen Afferl

Jetzt haben wir monatelang nicht spielen können und immer noch müssen wir unser kleines Theater zugesperrt lassen. Ich hab gebastelt, gezeichnet, musiziert, Geschichten erfunden, telefoniert, lauf’ jeden Tag meine Runden, aber bald weiß ich wirklich nimmer was ich tun soll, außer warten, warten ... und das ist ganz schön fad.

Omama sagt, ich könnte mein Zimmer aufräumen, aber so fad ist mir dann auch wieder nicht. Ich wünsche mir halt die alte Normalität zurück. Omama sagt, die alte Normalität, die gibt es gar nimmer. Aber warum denn nicht, wenn sie doch alle haben wollen? Die gibt es nicht, weil jetzt die neue Realität da ist. Und diese neue Realität wird eines Tages wieder eine alte Normalität sein. Omama ist zwar ziemlich g’scheit, aber ich weiß wirklich nicht, was sie damit meint. Und ich mag darüber auch gar nicht nachdenken.

Also hab’ ich beschlossen, doch mein Zimmer aufzuräumen. Unter dem vielen Krimsikramsi hab’ ich dann die alte Spielzeugkiste entdeckt, in die ich seit ewigen Zeiten nimmer rein geschaut hab’. Ganz unten in der Kiste ist ein uraltes, ziemlich zerdepschtes Äffchen gelegen. Das wär’ ja noch nichts Besonderes, aber das Afferl kann mit zwei Tschinellen spielen, wenn man es mit einem Schlüssel aufzieht. Ich hab’s gleich ausprobiert und tatsächlich, es hat gescheppert, was das Zeug hält. Da hab’ ich mich so gefreut, dass ich das Afferl ganz fest an mich gedrückt hab’. Doch plötzlich hat es mir links und rechts mit den Tschinellen eine kräftige blecherne Tetsch’n verpasst, so richtige Watsch’n.  Da hab’ ich ziemlich dumm drein g’schaut.  Aber das Afferl kann nix dafür, ich hätte es nicht so fest halten dürfen.

Doch dann hab ich mir gedacht, es wär’ schon schön, wenn ich in echt wieder mal jemanden so richtig umarmen und ganz fest an mich drücken könnte. Vielleicht geht das eines Tages ja wieder. Und hoffentlich bekomm’ ich dann keine Tetsch’n, äh Watsch’n.

Euer Seppy

Text von Christa Koinig, erschienen im Kurier am 13.12.2020